Vielfalt ist bei der Caritas willkommen
Regina Hertlein hat als stellvertretende Vorsitzende der Kommission Caritasprofil im Auftrag der Delegiertenversammlung des Deutschen Caritasverbandes an der Entwicklung der Zusagen mitgearbeitet. Im Interview erklärt sie, wie die Zusagen entstanden sind.
Frau Hertlein, warum gibt es die „Zehn Zusagen“?
Die Grundordnung für den kirchlichen Dienst muss überarbeitet werden. Zu diesem Schluss sind wir in der Caritas schon länger gekommen. Wir erleben in unseren Diensten und Einrichtungen, wie sehr sich die darin formulierten Vorgaben nur an der persönlichen Gestaltung des Lebens von Mitarbeitenden orientieren. Das entspricht nicht unserem christlichen Verständnis, nach dem alle Menschen vorbehaltslos von Gott geliebt und angenommen sind und am christlichen Auftrag der Nächstenliebe mitwirken. Deshalb haben wir im Verband einen Diskussionsprozess gestartet und die Zehn Zusagen entwickelt.
Was unterscheidet die Zusagen von der Grundordnung?
In der Kommission Caritasprofil haben wir aufgeschrieben, wofür die Dienstgeber der Caritas stehen, was unser Selbstverständnis ist. Wir wollten weg von Verboten und positiv formulieren, was Mitarbeitende von uns als kirchlichem Dienstgeber erwarten dürfen. Zentral bleibt dabei die Botschaft: "Du bist uns in Deiner ganzen Vielfalt herzlich willkommen, wir schätzen Dich!"
Kirchenaustritt darf nicht automatisch zur Kündigung führen
Warum sind die Zusagen wichtig?
Was in den Zehn Zusagen steht, wird in der Caritas vielerorts schon gelebt: Woher die Menschen kommen, welches Geschlecht sie haben, wie sie leben, mit wem sie eine Beziehung haben, welcher Konfession oder Religion sie angehören - das ist für viele Dienstgeber in der Caritas nicht mehr entscheidend. Einiges bleibt aber nicht offiziell, ist ein bisschen versteckt. Damit soll Schluss sein. Wir wollen mehr Transparenz. Deshalb sind die Zusagen als Verheißungen formuliert und verabschieden sich von den Verboten und Bedingungen, die die Grundordnung ins Zentrum der Beziehung zwischen den Caritas-Trägern und ihren Mitarbeitenden gestellt hat.
Wo sehen Sie Knackpunkte?
Die vierte Zusage hat vermutlich die größte Sprengkraft. Sie sagt unter anderem, dass der Austritt aus der katholischen Kirche nicht automatisch dazu führt, dass jemand nicht mehr bei einem Caritas-Träger arbeiten darf. Die Gründe für den Austritt sollen in einem persönlichen Gespräch erörtert werden. Was am Ende zählt, ist die Identifikation mit unseren Zielen und Werten. Bei uns sollen alle ehrenamtliche oder hauptberufliche Mitarbeitende willkommen sein, die erlebbar machen, was uns ausmacht und antreibt: die Liebe zu den Menschen.
Zusagen brauchen praktische Ausgestaltung
Wo sehen Sie weitere Herausforderungen?
In der letzten Zusage steht: "Wir sorgen dafür, dass extremistische, fundamentalistische, demokratiefeindliche, nationalistische, ausländerfeindliche Positionen keinen Platz in der Caritas haben." Das ist sehr wichtig und konsensfähig, aber sicherlich herausfordernd in der Umsetzung. Damit die Zehn Zusagen wirksam werden, müssen wir gemeinsam klären, wie diese angewandt werden. Wie gehen wir zum Beispiel damit um, wenn sich Führungskräfte und Mitarbeitende nicht daran halten?
Wie geht es jetzt mit den Zehn Zusagen weiter?
Der Caritasrat hat die Zusagen in seiner Sitzung im März angenommen und seinen Mitgliedern zur Zeichnung empfohlen. Alle Träger der Caritas sind eingeladen, diese Selbstverpflichtung umzusetzen. Das wird sicher nicht von jetzt auf gleich geschehen, denn die Grundsätze sollen ja nicht nur auf dem Papier stehen, sondern im Alltag gelebt werden. Dazu braucht es an verschiedenen Orten sicher noch Diskussionen. Ich bin froh, dass wir diesen Prozess angeschoben haben. Wir sind überzeugt davon, dass die Zusagen auch einen Beitrag zur Weiterentwicklung der kirchlichen Grundordnung leisten können.