Gemeinsam bringen die rund 60 Teilnehmenden der Jahrestagung der Vertrauenspersonen und Präventionsbeauftragten die Prävention gegen sexualisierte Gewalt in den Einrichtungen im Bistum Trier voran.Foto: DiCV Trier / Kristina Kattler
Auf Einladung der Stabsstelle Prävention des Diözesan-Caritasverbandes Trier und der Fachstelle Prävention des Bistums Trier nahmen rund 60 Vertrauenspersonen und Präventionsbeauftragte an der diesjährigen Jahrestagung im Robert-Schuman-Haus in Trier teil. Die Teilnehmenden repräsentierten dabei die unterschiedlichsten Arbeitsbereiche aus dem Gesundheits- und Sozialwesen der verbandlichen Caritas im Bistum Trier und ihrer korporativen Mitglieder.
Im Rahmen der Veranstaltung beschäftigten sich die für die Prävention geschulten Personen zunächst mit Herausforderungen und Hindernissen, die einen Umgang mit sexualisierter Gewalt in Einrichtungen mit Schutzbefohlenen erschweren können. Der Austausch untereinander und mit den eingeladenen externen Expertinnen und Experten brachte neue Perspektiven und wichtige Erfolgsfaktoren im gelingenden Umgang mit grenzverletzendem Verhalten und Übergriffen zutage.
Die beiden Organisatoren der Veranstaltung Susanne Fetscher-Knopp, Stabsstelle des Diözesan-Caritasverbandes Trier, und Dr. Andreas Zimmer, Fachstelle Prävention gegen sexualisierte Gewalt im Bistum Trier, begrüßten am Vormittag die aus Hamburg zugeschaltete Referentin Carmen Kerger-Ladleif, die zunächst einmal beleuchtete, was in einer Einrichtung passiert, wenn der Verdacht einer (sexualisierten) Gewalttat aufkommt. Eine große Gefahr dabei sei, dass häufig das Opfer in den institutionellen Dynamiken faktisch aus dem Zentrum der Aufmerksamkeit gerät und die notwendigen Hilfen für das Opfer vernachlässigt werden. Sie richtete ihren dringenden Appell an die Anwesenden, die Betroffenen im Blick zu halten und betonte, dass ansonsten die Gefahr einer Schuldumkehr, eines Glaubwürdigkeitsverlustes und der Isolation bestünde. Als zentral für den Umgang mit solchen Ereignissen gab Kerger-Ladleif den Teilnehmenden u.a. die Fragen nach den beteiligten Akteuren (Täter und Täterinnen, Mitwissende, Vertuschende) und nach den begünstigenden Risikofaktoren (Organisationskultur, Strukturelle Defizite, Haltung, Verantwortungsübernahme, Kommunikation etc.) an die Hand. Unausweichlich sei eine Verantwortungsübernahme i.S. einer geleiteten und strukturierten institutionellen Aufarbeitung sowie eine externe Begleitung, die im Aufarbeitungsprozess alle Beteiligten im Blick hält. Prävention, Intervention und Aufarbeitung kann nur gelingen, wenn auch auf Führungsebene eine tiefgehende Sensibilisierung und Priorisierung für Gewaltschutz vorherrscht. Wie maßgeblich die Sensibilisierung der Führungsebene ist, um eine Kultur in den Einrichtungen zu etablieren, die Meldende vor Anfeindungen schützt, bestätigten die anwesenden Vertrauenspersonen und Präventionsbeauftragten aus ihren praktischen Erfahrungen heraus.
Dr. Uwe Christoffer stellte anschließend die Arbeit des Betroffenenbeirats im Bistum Trier vor und betonte, wie wichtig er die Beteiligung von Betroffenen im Bereich der Prävention und Intervention von sexualisierter Gewalt finde und dass die Zusammenarbeit mit dem Bistum deshalb für beide Seiten von großer Bedeutung sei und sehr geschätzt werde.
Einen Exkurs nach Österreich ermöglichten am Nachmittag die eingeladenen Gäste aus dem Erzbistum Wien und dem Bistum Linz, die dort als Präventionsbeauftragte arbeiten. Sie berichteten über ihre Arbeit mit einem recht weit gefassten Gewaltbegriff. Nach dem Bündner Standard, mit dem im Bistum Linz gearbeitet wird, beginnt Gewalt nicht erst bei Übergriffen, sondern bereits bei alltäglichen Grenzverletzungen wie beispielsweise lautstarken Auseinandersetzungen. Die Referentinnen betonten, dass die Weitung des Begriffes und damit auch die Legitimation, beginnende Grenzüberschreitungen früh anzusprechen, eine gute Übung sei für Grenzverletzungen zu sensibilisieren. Das in Österreich verpflichtende frühzeitige Melden von Grenzverletzungen stelle zudem ein wirksames Instrument zum Schutz von Meldenden dar.