Die Caritas hat eigene Arbeitsbedingungen, die in einer paritätisch besetzten Kommission zwischen Dienstgebern und Dienstnehmern ausgehandelt werden. Diese gelten für alle rund 700.000 Mitarbeitenden. In engagierten Verhandlungen der Dienstnehmer- mit der Dienstgeberseite sind diese über Jahrzehnte entwickelt und so ausgestaltet worden, dass in der Caritas gute tarifliche Arbeitsbedingungen bestehen. Hintergrund für die Entscheidung der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas ist die Befürchtung, dass bei einer Allgemeinverbindlichkeitserklärung des Tarifvertrags Pflege die Arbeitsbedingungen nicht besser für Pflegende werden, sondern schlechter. Die allermeisten Pflegekräfte verdienen bei der Caritas um einiges mehr, als der Tarifvertrag festgelegt hätte. Unsere Einrichtungen und Träger befürchten, dass die Kostenträger sich künftig am Tarifvertrag Altenpflege als Norm orientieren und die Mehrkosten jener Einrichtungen nicht mehr refinanzieren, die höhere Entgelte zahlen. Wir wollen aber weiterhin gute Löhne zahlen.
Ein zweiter Aspekt ist unser arbeitsrechtlicher Prozess, der konsensorientierte "Dritte Weg": Wir glauben aus vielen Gründen, dass der Dritte Weg, der auf Kompromisse setzt, ein modernes und effizientes Instrument ist. Unser Caritas-Präsident Dr. Peter Neher betont, dass das Aushandeln von Tarifen kein Wunschkonzert ist. "Wir haben in Tariffragen Entscheidungsstrukturen, die sich bewährt und die wir - auch ich als Präsident - zu respektieren haben".
Ein dritter Punkt: Wir sind der festen Überzeugung, dass Arbeitsbedingungen und die Bezahlung der Pflegekräfte nur im Rahmen einer umfassenden Reform des Systems verbessert werden können. Diese muss auch die Finanzierung der Pflegeversicherung in den Blick nehmen - und das wiederum setzt voraus, dass wir als Gesellschaft die Frage beantworten: Was ist uns gute Pflege wert? Auch die Arbeitsbedingungen für sogenannte Live-In-Pflegekräfte aus anderen Ländern, Fragen zum Personalschlüssel, eine Deckelung der Eigenanteile, die Pflegebedürftige und ihre Familien zahlen, gehören in eine solche Reform. Dafür macht sich die Caritas schon lange stark. Eine zentrale Voraussetzung für gute Löhne und Arbeitsbedingungen ist, dass die Pflegeversicherung höhere Personalkosten verlässlich finanziert. Solange das nicht geklärt ist, treffen die Mehrkosten die Pflegebedürftigen und treiben sie im Zweifel in die Sozialhilfe. Hierfür muss es eine politische Lösung geben.
Die Kritik, das Schicksal der Pflegekräfte wäre uns egal, lassen wir nicht gelten. Wir wissen aus erster Hand, wie anspruchsvoll die Arbeit ist und wie groß und fordernd die Belastungen, insbesondere in der Pandemie, sind.
Alfred Frank, Caritasdirektor
Andreas Steppberger, stellv. Caritasdirektor