Der Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e.V. (SkF) ist die Fachstelle des Deutschen Caritasverbandes für Gemeinsame Wohnformen für Mütter und Väter und ihre Kinder in katholischer Trägerschaft (§19 SGB VIII). Der EREV, der BVkE und SKM begleiten und vernetzen die Einrichtungen nach § 19 SGB VIII in evangelischer und katholischer Trägerschaft. Diese Einrichtungen erfahren von Seiten der Jugendämter steigende Nachfrage auch für Eltern und Kinder mit diagnostizierten und vor allem nicht diagnostizierten Behinderungen.
Unabhängig von und ergänzend zu den Stellungnahmen unserer Spitzenverbände möchten wir im Rahmen der aktuellen SGB VIII Reform auf eine dringende und notwendige Ergänzung zum § 19 SGB VIII hinweisen.
Hintergrund:
Aktuell müssen in den Mutter/Vater-Kind-Einrichtungen nach § 19 SGB VIII Eltern bei einer Inobhutnahme des Kindes die Einrichtung am selben Tag verlassen, weil der Kostenträger, das zuständige Jugendamt, ein weiteres Verbleiben in der Einrichtung nicht weiter finanziert. Manchmal dürfen die Betroffenen auf Kosten der Einrichtung oder dem "guten Willen" des Jugendamtes noch ein oder zwei Tage in der Einrichtung bleiben.
Nicht einvernehmliche Trennungen vom Kind finden insbesondere bei den Fällen statt, bei denen eine richterliche Anordnung und der Schutzauftrag nach § 8a SGB VIII besteht. Demgegenüber können einvernehmliche Trennungen und Inobhutnahmen durch eine Pflegefamilie längerfristig geplant werden.
Insbesondere in den Fällen der ungeplanten und nicht einvernehmlichen Trennungen entsteht die Situation, dass Eltern unvorbereitet und ohne Perspektiven die Einrichtung verlassen müssen. Das ist sowohl für die Betroffenen selbst, aber auch die Mitarbeitenden und alle anderen Bewohner:innen äußerst belastend, erschwert die Arbeit in den Einrichtungen und verhindert unter anderem auch in Hinblick auf das Kind, dass erste Besuchskontakte mit den leiblichen Eltern nach der Trennung gut begleitet werden. Die Einrichtungen sind ohne die Chance auf eine weitere Finanzierung in vielen Fällen gezwungen, die Elternteile in einer für sie traumatischen Situation zu entlassen und damit vielfach in die Wohnungslosigkeit, in manchen Fällen sogar in die Obdachlosigkeit, zu schicken.
Abgesehen davon, dass es sich dabei um eine große Härte handelt, ist es auch nicht zielführend. Gerade junge Frauen in Wohnungslosigkeit versuchen nicht selten durch eine neue Beziehung und gegebenenfalls eine neue Mutterschaft ihre Situation zu stabilisieren. Zielführender wären Ressourcen, um auch für das Elternteil Perspektiven für ein Leben mit einem nicht bei ihm lebenden Kind zu erarbeiten, erste Umgangskontakte zu begleiten und weiterführende Hilfen zu vermitteln. Für Eltern mit Behinderungen, beispielsweise mit einer Lerneinschränkung, deren Aufenthalt in der Mutter/Vater-Kind-Einrichtung über das SGB IX finanziert wird, besteht diese Belastung nicht. Nach SGB IX kann der Aufenthalt weiter finanziert werden. Hier besteht also eine Ungleichbehandlung. In einigen Fällen gelingt es auch, wenn die Elternteile unter 21 Jahren alt sind, weiterführende Hilfe über den neuen § 41 SGB VIII durch das Jugendamt zu finanzieren.
Vorschlag für eine Gesetzesänderung:
Wir setzen uns für eine Veränderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen ein und haben folgenden Vorschlag für eine Gesetzesänderung:
§ 19 Absatz 1 SGB VIII Satz (5):
- Die Hilfe umfasst auch die Entwicklung einer Perspektive im Zuge der Beendigung der Leistung und eine bedarfsgerechte Nachbetreuung und Unterstützung bei der Suche nach geeigneten Anschlussmaßnahmen.
- Die Mutter/ der Vater kann im Fall einer Trennung vom Kind noch für einen angemessenen Zeitraum , in der Regel drei Monate, in der Einrichtung verbleiben, um im akuten Trennungsprozess begleitet zu werden und Perspektiven für die eigene Zukunft zu entwickeln.
Die vollständige Stellungnahme finden Sie untenstehend.