Wenn der Strom abgeschaltet wird
Der Deutsche Caritasverband (DCV) hat in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Daten ausgewertet, die in der Stichtagserhebung der Allgemeinen Sozialberatung erhoben werden. Im September 2015 wurden die Klient(inn)en zusätzlich gefragt, ob sie in den letzten zwölf Monaten eine Sperrandrohung erhalten hatten oder gar ohne Strom leben mussten. Die Caritas wertete über 2.600 Antworten aus. Parallel dazu wurde auch die Erfahrung aus der Schuldnerberatung der Caritas mit eingebunden: Berater(innen) aus fünf Standorten teilten mit, wer nach ihrer Erfahrung besonders von Stromsperren betroffen ist und welche Ursachen dafür infrage kommen.
Es trifft besonders Menschen in Hartz IV
Haushalte, die von Grundsicherungsleistungen (Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe) leben, sind deutlich häufiger von Sperrandrohungen und tatsächlichen Sperren betroffen. Das kann unter anderem auch daran liegen, dass das Budget für Strom in der Grundsicherung zu niedrig bemessen ist. Das zeigt eine weitere Studie der Caritas, die 2015 veröffentlicht wurde. Die daraus entstehende finanzielle Lücke vergrößert sich noch bei Haushalten, die ihr warmes Wasser mit einem elektrischen Boiler erzeugen.
Risikofaktor Verschuldung
Bei einem Haushalt mit einem Kind, der ausschließlich von Leistungen nach dem SGB II lebt und keine Schulden hat, liegt die Wahrscheinlichkeit für eine Sperrandrohung bei neun Prozent. Ist der Haushalt aber auch noch verschuldet, so liegt die Wahrscheinlichkeit deutlich höher, nämlich bei über 21 Prozent.
Bildung verhindert Stromsperre
Wer bekommt nach einer Sperrandrohung tatsächlich den Strom abgestellt? Alleinstehende und Menschen ohne Schulabschluss – das zeigt die Studie – haben deutlich häufiger keinen Stromzugang mehr als Familien oder Menschen mit einem durchschnittlichen Bildungsniveau. Familien bekommen zwar öfter eine Sperrandrohung, können diese aber offensichtlich häufiger abwehren.
Medien greifen die Studie mit großem Interesse auf
Die Ergebnisse der Studie wurden durch Pressemeldungen des DCV und des ZEW verbreitet und in einem Artikel in der neuen caritas Heft 21/2017 und auf der Homepage www.caritas.de vorgestellt. Die mediale Resonanz war hoch. Auch andere Redaktionen vertieften das Thema und recherchierten dazu. Die zugrundeliegende Studie wird in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Sozialer Fortschritt veröffentlicht.
Die Schlussfolgerungen der Caritas
1 l Bei Menschen mit Grundsicherung treten Stromsperren überproportional häufig auf. Für sie müssen Möglichkeiten geschaffen werden, eine Stromsperre abzuwenden. In der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände wurde ein Katalog politischer Forderungen und Maßnahmen erarbeitet, die helfen können, Stromsperren zu vermeiden, wenn ein Zahlungsrückstand besteht.
2 l Die Allgemeine Sozialberatung und die Schuldnerberatung haben eine hohe Bedeutung. Sie informieren über Optionen, wie man eine Stromsperre abwenden oder aufheben kann, und sie zeigen konkrete Handlungswege auf. Die Beratung kann dabei auch zwischen Stromversorgern, Behörden und Betroffenen vermitteln. Darüber hinaus kann der Stromspar-Check helfen, Energiekosten zu senken. Diese seit mehreren Jahren durchgeführte Kooperation der Caritas und des Bundesverbands der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands e.V. zur Energiesparberatung von einkommensschwachen Haushalten hat sich als präventives und wirksames Instrument bewährt.