Zeit für Zuwendung
Die Initiatoren Manfred Lütz (l.) und Franz Meurer freuen sich mit Mielena Dawidowski und Jenita Sulejmanovic, die als Erste starten durften. Die Fachpraktiker Service sollen sich vor allem um das kümmern, wofür dem Fachpersonal die Zeit fehlt: Spazieren gehen, Besorgungen machen, Mahlzeiten und Getränke servieren, mit kranken oder alten Menschen reden.Markus Lahrmann
Jahrelang kämpfte der Initiator, der Kölner Pfarrer Franz Meurer, für diese Idee. Seine Beharrlichkeit und die guten Kontakte von Alexianer-Chefarzt und Bestseller-Autor (Irre!) Manfred Lütz konnten schließlich die persönliche Unterstützung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) mobilisieren. Mit tatkräftiger Hilfe der Industrie- und Handelskammer Köln (IHK), des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR), des Diözesan-Caritasverbandes im Erzbistum Köln und von IN VIA Köln - verantwortlich für die Koordination und Begleitung- konnte dieses Projekt trotz anfänglicher Widerstände durchgesetzt werden, denn NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens hatte die Pläne zunächst als "Billigpflege" abgelehnt. Die Gewerkschaft befürchtete, das neue Berufsbild könne klassische Berufe wie Altenpfleger aushöhlen und dem Lohnniveau schaden. Doch schließlich konnte die Industrie- und Handelskammer Köln die Freigabe für das neue Berufsbild geben.
Schon länger werde in den Altenheimen und Krankenhäusern über eine klügere Verteilung von Aufgaben nachgedacht, sagte der Kölner Diözesan-Caritasdirektor Frank Joh. Hensel. "Die Menschen, die unserer Betreuung bedürfen, brauchen Unterstützung und Pflege und Zuwendung, aber das geht nur Hand in Hand durch viele unterschiedliche Kräfte", betonte er. Es sei Unsinn, Pflegekräfte auch noch fachfremd für die vielen wichtigen Serviceleistungen einzusetzen. Diese Lücke sollten nun die neuen "Fachpraktiker Service" schließen. "Wir trauen auch den jungen Menschen mit den sogenannten einfachen Bildungsabschlüssen, die keine brillante Bewerbungsmappe verzieren können, diese Ausbildung zu", sagte Hensel.
IN-VIA-Geschäftsführerin Sibylle Klings: "Jeder hat nach einer Pflichtschulzeit ein Recht auf eine Erstausbildung. Was nützt ein Einser-Abitur, wenn es an der sozialen Kompetenz fehlt, wie sie die Einrichtungen der Kranken-, Alten- und Behindertenhilfe brauchen?"
Auch das LVR-Integrationsamt hat die Ausbildungsinitiative von der ersten Idee bis zur Umsetzung mit unterstützt. "Um echte berufliche Alternativen für junge Menschen mit Behinderung zu schaffen und den Arbeitgebern das Potenzial dieser Jugendlichen zu eröffnen, müssen wir mehr Modelle wie dieses schaffen: mehr Stärkenorientierung, Flexibilität und Praxisnähe - betrieblich und anerkannt", sagt Karin Fankhaenel, Leiterin des LVR-Integrationsamtes.
Die Ausbildung dauert zwei Jahre und richtet sich an Haupt- und Förderschüler/-innen ab 16 Jahren mit Lernbeeinträchtigungen und guten sozialen Fähigkeiten. Im Rahmen der Ausbildung haben die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, ihren Hauptschulabschluss zu erlangen. Ein erfolgreicher Abschluss entspricht der Qualifikation "Fachkraft im Gastgewerbe". Im Rahmen der dualen Ausbildung wird der praktische Teil der Ausbildung (70 Prozent) in den sozialen Einrichtungen vermittelt. Den schulischen Teil (30 Prozent) übernimmt das Erzbischöfliche Berufskolleg in Köln.