Sichtbares Zeichen der Verbundenheit
Der Präsident des Deutschen Caritasverbandes hier bei der Auftaktpressekonferenz zur Jahreskampagne in Berlin.Caritas
Caritas in NRW: Warum hat sich die Caritas in diesem Jahr für das Kampagnenthema "Armut macht krank" entschieden?
Dr. Peter Neher: "Armut macht krank - jeder verdient Gesundheit": In unserer diesjährigen Kampagne geht es uns genau um diese Polarität. Mit der Kampagne machen wir auf einen nicht zu akzeptierenden Zustand aufmerksam. Es gibt einen fatalen Zusammenhang zwischen niedrigem Einkommen, geringem Bildungsstand sowie Perspektivlosigkeit und der Lebenserwartung der Menschen. So liegt die Lebenserwartung von Frauen aus niedrigen Einkommensschichten im Schnitt acht Jahre unter der von Frauen aus höheren Einkommensschichten, bei Männern liegt der Unterschied sogar bei elf Jahren.
Doch es geht uns um mehr in dieser Kampagne. Es geht auch um das Thema der Solidarität mit Blick auf die gesundheitliche Versorgung in Deutschland.
Caritas in NRW: Was sind aktuell die Hauptforderungen der Caritas-Kampagne 2012 "Armut macht krank"?
Dr. Peter Neher: In Deutschland gibt es eine im internationalen Vergleich gute gesundheitliche Versorgung für alle. Doch für einige Gruppen in unserer Gesellschaft sind die Zugänge zu einer guten Gesundheitsversorgung erschwert. Dazu gehören langzeitarbeitslose Menschen, Obdachlose, Asylbewerber und Menschen in der Illegalität. Wir haben klare Forderungen mit Blick auf die Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung dieser Menschen. Ein zentraler Punkt ist dabei die Abschaffung der Praxisgebühr für Menschen, die Arbeitslosengeld II oder Grundsicherung erhalten. Auch wenn es hier entsprechende Befreiungsregelungen gibt, zeigen die Erfahrungen aus der Praxis, dass es eine große Hemmschwelle gibt, zehn Euro auszugeben, wenn man nur über geringe finanzielle Mittel verfügt, selbst wenn man diese wieder zurückbekommt.
Caritas in NRW: Welche Resonanz findet die Kampagne?
Dr. Peter Neher: Zuerst einmal freut es mich, dass das Kampagnenthema innerhalb der Caritas auf großes Interesse stößt. Es gibt vielfältige Aktionen und Veranstaltungen, welche die Orts- und Diözesan-Caritasverbände sowie die Einrichtungen und Dienste anbieten und durchführen. Das gilt auch für Gespräche und Aktionen des Deutschen Caritasverbandes. Wir kommen nämlich neben Vertretern aus der Politik u. a. mit Ärzten, Gesundheitswissenschaftlern und anderen Akteuren rund um das Thema Gesundheit in Kontakt. Von diesen Begegnungen mit ganz unterschiedlichen Gruppen erhoffe ich mir Ideen und Impulse, die dazu führen, Lösungen für die genannten Probleme zu finden. Doch erst am Ende des Kampagnenjahres kann eine endgültige Bilanz gezogen werden.
Caritas in NRW: Was erhoffen Sie sich vom Caritassonntag, dessen bundesweite Eröffnung in Aachen stattfindet, für die Ziele der Kampagne?
Dr. Peter Neher: Dem Caritassonntag kommt im Kampagnenjahr eine große Bedeutung zu. Zum einen verbinden sich an diesem Tag auf besondere Weise die Pfarrgemeinden mit der verbandlichen Caritas. Der Sonntag ist ein sichtbares Zeichen der Verbundenheit der Arbeit der Caritas mit dem Wirken der Pfarrgemeinden und fördert die Vernetzung untereinander. Die Sensibilität für das jeweilige Kampagnenthema wird so in den Pfarrgemeinden unterstützt. Zugleich ist die Feier der Eucharistie sichtbarer Ausdruck dessen, woher die Caritas kommt und woraus sich ihr Auftrag und Wirken speisen: aus der Frohen Botschaft Jesu Christi. Ist doch die Caritas, der Dienst an und für Menschen, ein wesentlicher Teil der katholischen Kirche; das bringt auch das Engagement der Pfarrgemeinden für die Themen der Caritas zum Ausdruck. Ich freue mich immer sehr, diesen besonderen Sonntag in einer Diözese gemeinsam mit dem Bischof und den Caritas-Verantwortlichen vor Ort zu feiern.