Sehen, was nötig ist
Margret Zerres liebt die Begegnung mit Menschen – auf Augenhöhe.Christoph Grätz
Caritas in NRW: Sie sind eine ideale Ansprechpartnerin, weil Sie sowohl aus professioneller Sicht als auch aus ehrenamtlicher Perspektive einen Blick auf die Verbindung von Caritas und Pastoral haben. Warum ist das so wichtig? Warum ist Kirche Caritas und umgekehrt?
Margret Zerres: Das sehe ich ja jetzt im Ehrenamt noch viel intensiver. Die Menschen, die innerhalb der Gemeindecaritas direkt vor Ort in ihren Kirchengemeinden tätig sind, sind ja ein Teil der Gemeinde und machen eine Arbeit, die über den Gottesdienst hinausgeht. Sie kümmern sich um die Leute, die in ihrem Umfeld wohnen und da, wo Hilfe notwendig ist. Und letztendlich - so hab ich das immer für mich gesehen - ist die hauptamtliche Caritas ja aus dieser Arbeit entstanden. Vor 100 Jahren gab’s ja dieses Engagement auch schon. Irgendwann ist dann daraus die professionelle Caritas entstanden. Es gibt Dinge, die können nicht die Laien alleine bewältigen. Wir brauchen da professionelle Strukturen, wir brauchen auch Fachwissen und eine politische Lobby in der Stadt, innerhalb des Bistums, des Landes und international. Geblieben ist, dass alles letztendlich auf dem fußt, was wirklich direkt vor Ort passiert. Auf dem, was Menschen vor Ort sehen, was nötig ist.
Caritas in NRW: Haben Sie ein konkretes Beispiel für eine Begegnung, die Ihnen in der letzten Zeit besonders nahegegangen ist?
Margret Zerres: Ich denke gerade an eine Ehrenamtliche, die sich in ihrer Gemeinde engagiert und die schon weit in den 70ern ist. Diese Frau sieht aber viel jünger aus. Ich finde immer, Leute, die zufrieden und glücklich sind, die sehen auch jünger aus. Und diese Frau strahlt wirklich echte Begeisterung aus, wenn sie von dem berichtet, was sie in ihrer Gemeinde tut, wen sie dort unterstützen. Dafür lohnt es sich wirklich, Caritas-Arbeit zu machen, egal ob haupt- oder ehrenamtlich.
Caritas in NRW: Ehrenamt prägt die Kirche?
Margret Zerres: Ich erlebe gerade in Bottrop wieder große Veränderungen: Wieder werden Strukturen verändert und Kirchengemeinden geschlossen, auch die Gemeinde, zu der ich gehöre. Und da stelle ich mir manchmal die Frage: Wo bleiben eigentlich die Menschen, die sich in den Gemeinden engagieren? Es wäre doch schlimm, wenn diese Strukturen verloren gingen, weil sie keinen Ort mehr haben.
Die Fragen stellte Christoph Grätz.