Licht im Dschungel des Rechts
Heinz-Gert Papenheim ist Mitherausgeber des Standard-Kommentars zu den AVR (Arbeitsvertragsrichtlinien des Deutschen Caritasverbandes), und er leitete 25 Jahre lang die Schlichtungsstelle beim Diözesan-Caritasverband Köln.Foto: Markus Lahrmann
Vordigitale Handarbeit und Drucktechnik
In der vordigitalen Zeit wurden im "Recht-Infodienst" Gesetze, Ministerialerlasse und Auszüge aus Gerichtsentscheidungen vorwiegend zur Information der Einrichtungen und Dienste abgedruckt. Denn deren Leitungskräfte hatten in der Regel keinen Zugriff auf die für sie einschlägigen Vorschriften und Urteile, weil der Bezug von Gesetzesblättern, Urteilskopien und Fachzeitschriften unverhältnismäßig kostenaufwendig gewesen wäre.
Der Recht-Infodienst war so gegliedert, dass die Bezieher die Seiten heraustrennen und, nach Rechtsgebieten sortiert, in einer Loseblattsammlung abheften konnten. Viele Fachreferenten in den Einrichtungen nutzten diese Rechtssammlung, weil für sie keine anderen Informationen verfügbar waren.
Der Recht-Infodienst war so gegliedert, dass die Bezieher die Seiten heraustrennen und, nach Rechtsgebieten sortiert, in einer Loseblattsammlung abheften konnten. Viele Fachreferenten in den Einrichtungen nutzten diese Rechtssammlung, weil für sie keine anderen Informationen verfügbar waren.
"Ich schrieb die einführenden Texte per Hand, denn kein Jurist berührte damals eine Schreibmaschine", erinnert sich Heinz-Gert Papenheim. Deshalb musste in der Druckerei versucht werden, die Texte zu lesen, um sie im Bleisatz setzen zu können. "Gott sei Dank gab es einen Setzer mit hellseherischen Fähigkeiten", schmunzelt Papenheim.
Verrechtlichung aller Lebensbereiche
Gab es 1972 für die soziale Arbeit eigentlich nur das Jugendwohlfahrtsgesetz und das Bundessozialhilfegesetz, so hat sich mit der Verrechtlichung aller Lebensbereiche auch der für die soziale Arbeit wichtige Rechtsstoff maßlos ausgeweitet. Das lässt sich schon am umfangreichen deutschen Sozialgesetzbuch (SGB) mit seinen inzwischen 13 Einzelgesetzen ablesen. Hinzu kommen aber noch die großen Bereiche des Ausländerrechts, des Datenschutzrechts und zahllose gesetzliche Einzelregelungen, wie beispielsweise das Wohngeld-, Unterhaltsvorschuss-, Elterngeld- und Elternzeit-, Beratungshilfegesetz usw., usw.
Zunehmende Nutzung des Internets
"Die zunehmende Nutzung des Internets hat mich veranlasst, weitgehend auf den Abdruck von Rechtsvorschriften und Informationen zu verzichten, die online zugreifbar sind", sagt Papenheim. Auf dem frei gewordenen Platz konnte sich der Recht-Infodienst zunehmend auf die praktische caritative Beratung und Hilfe ausrichten und Informationen über neue Rechtsvorschriften und Urteile anbieten, vorwiegend mit Blick auf die Mitarbeitenden, die in ihrer sozialen Arbeit mit Rat und Hilfe suchenden Menschen eine Vielzahl rechtlicher Fragen und Probleme zu beantworten und zu lösen haben. Die Mitarbeitenden sind in ihrer Arbeit heute oft selbst rechtlichen Risiken ausgesetzt, ohne die Möglichkeit einer Rückfrage oder rechtlichen Absicherung zu haben. "Sozialrechtsjuristen gibt es innerhalb der Caritas kaum noch", so Papenheim mit Bedauern.
Praxis- und nutzerorientierte Informationen
In seinen verschiedenen Tätigkeiten hatte der Jura-Professor Kontakt zu Menschen, die nicht umfassend juristisch geschult werden wollten, sondern selbst Fragen zur Praxis ihrer beruflichen Tätigkeit mitbrachten. Das waren beispielsweise Studierende in Praktika, Sozialarbeiter, Mitarbeitervertreter, Verwaltungsmitarbeitende in sozialen Einrichtungen, Datenschutzbeauftragte oder auch Polizisten, die etwas zur rechtlichen Situation ihrer Klienten, Patienten oder Kunden wissen wollten. Dadurch wurde Papenheim mit einer für Juristen ungewöhnlich weiten Bandbreite an Themen konfrontiert: Familienrecht, Jugendhilferecht, Wohnungs- und Wohnungslosenrecht, Sozialrecht, Ausländerrecht, Datenschutzrecht, Berufs- und Haftungsrecht, Arbeitsrecht, Strafrecht usw. "Ich will im Recht-Informationsdienst keine staubtrockene 08/15-Abhandlung verfassen, sondern bearbeite die juristische Vorgabe", so Papenheim. Sie solle von einem juristischen Laien verstanden, möglichst als interessant und nützlich wahrgenommen werden. Damit beispielsweise ein Schuldnerberater oder eine ehrenamtliche Mitarbeiterin in der Telefonseelsorge die Informationen praktisch umsetzen kann. "Das gelingt jedoch nicht immer und hat ein letztlich nicht vermeidbares Fehlerrisiko."
Homepage: unerwartet hohe Nachfrage
Als Anfang der 2000er-Jahre die Homepage von "caritas in NRW" ausgebaut wurde, bekam auch der Recht-Infodienst dort seinen Ort. Zunächst wurden nur die Texte aus den gedruckten Ausgaben online gesetzt. Doch im Laufe der Zeit wurden zunehmend Informationen zu anderen Themen eingefügt. Da viele Beiträge über alle Erwartungen häufig aufgerufen wurden, ist inzwischen eine Rechtsdatenbank entstanden, die nicht den engen Seitenvorgaben der Papierausgabe unterliegt, sodass die Texte beliebig umfangreich sein können. Darin werden auch Rechtsthemen behandelt, die allgemein von Interesse sein können (Beispiel "Kinderkrankengeld", "Führungszeugnis", "Schulpflicht und Schulzwang in NRW", "Ehrenamtspauschale", "Bundesfreiwilligendienst", "Sozialbestattung und Notbestattung" usw.). Im Jahr 2021 kamen mehr als 150000 Aufrufe zusammen.
Probleme mit ständigen Aktualisierungen
Kummer macht dem Redakteur ein ungelöstes Problem: Die große Zahl der Beiträge und die Vielzahl der Änderungen machen es unmöglich, alle auf der Homepage vorhandenen Texte ständig auf dem aktuellen Stand zu halten. Nun werden die Beiträge inzwischen mit dem Datum der Erstellung gekennzeichnet, um dem Leser zu signalisieren, dass sich geringfügige oder große Änderungen ergeben haben könnten. "Eine zufriedenstellende Lösung ist das nicht", meint Papenheim. Auch wenn er auf die 90 zugeht, der Redakteur des Recht-Informationsdienstes wird sich weiterhin bemühen, für Menschen in schwierigen Situationen und Lebensverhältnissen und für deren Helfer und Berater nützliche Arbeit zu leisten. Er hält sich an seinen Wahlspruch: "Per aspera ad astra", frei übersetzt: Arbeite auch an komplexen Rechtsproblemen, dann kommst du in den Himmel!
Dieser Beitrag erschien zuerst im November 2022 in einer Sonderausgabe der Zeitschrift "caritas in NRW" aus Anlass des 50jährigen Erscheinens.