Erschöpfte Familien
Die Ergebnisse machen Mut - beim HOT handelt es sich um ein sehr wirksames, dabei einfaches Instrument der Hilfe. Anlass für eine Fachdiskussion über "erschöpfte Familien" jüngst in Köln.
Was aber sind überhaupt "erschöpfte Familien"? Antwort: Menschen, die vielfach entmutigt worden sind und nicht (oder nicht mehr) in der Lage sind, die alltägliche Versorgung der Kinder eigenständig, sinnvoll und nachhaltig zu organisieren. Das beginnt bei der wachsenden Unfähigkeit, einen Haushalt zu führen, und geht bis hin zum Verlust der Erziehungsfähigkeit. Den Begriff "erschöpfte Familien" hat der Soziologe Ronald Lutz in die Fachdiskussion eingebracht (siehe Medientipp S. 50 dieser Ausgabe). Das Haushalts-organisationstraining (HOT) - den Namen und das Konzept haben sich Caritas und Diakonie schützen lassen - vermittelt in solchen Fällen die für den Alltag und den Familienhaushalt notwendigen Kenntnisse. Damit füllt es eine Lücke, die entstanden ist, weil die Ursprungsfamilie diese Aufgaben nicht ausreichend leisten konnte. Oder weil tiefgreifende Probleme wie Armut, Trennung oder schwere Erkrankungen zu Überforderung und sozialer Isolation geführt haben.
Das HOT vermittelt den betroffenen Familien vor allem Praxis-Kompetenzen zur Bewältigung des Familienalltags. Im Mittelpunkt steht das Wohlergehen der Kinder, Ziel ist es, die Selbsthilfefähigkeit von Familien nachhaltig zu stärken. Voraussetzung für ein erfolgreiches Training ist an allererster Stelle die Bereitschaft der Familie, überhaupt jemanden "von außen" dauerhaft und ggf. regelmäßig in die Wohnung zu lassen. Das setzt die Erkenntnis voraus, dass Probleme bestehen und Unterstützungsbedarf gegeben ist. "Manchmal brauchen die Familien recht lange, bis sie bereit sind, Hilfe anzunehmen", sagte Wolfgang Kleemann vom Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS), Frankfurt, das in den vergangenen zwei Jahren im Auftrag des Deutschen Caritasverbandes die wissenschaftliche Evaluation des HOT durchgeführt hat. Befragt und untersucht wurden insgesamt elf Familienpflegestationen, davon sieben in NRW, und zwar in den Diözesen Münster (2) und Aachen (5).
Insgesamt bewertet die Evaluationsstudie das Haushaltsorganisationstraining sehr positiv: "HOT verbessert die Lebenssituation von Kindern und auch die Wohnsituation der Familien. Die positiven Wirkungen auf Alltagsstruktur und Haushaltsführung, insbesondere auch der Umgang mit begrenzten finanziellen Mitteln, entspannen die gesamte Familienstruktur und reduzieren die Belastungen der befragten Mütter. Mehr Sauberkeit, Struktur und Ordnung in einer Familie sind kein Selbstzweck, sondern sie haben unmittelbare Auswirkungen auf das gesamte Familienleben und auch auf die Beziehungen ihrer Mitglieder zueinander."
Bedrohte Familienpflege
Das Haushaltsorganisationstraining (HOT) wurde entwickelt und wird erbracht von den Familienpflegediensten, die traditionell nicht nur HOT, sondern auch die Haushaltshilfen bei Krankheit und Schwangerschaft erbringen. Diese Dienste gehören inzwischen zu einer "bedrohten Art". Grund: Das Leistungsangebot "Haushaltshilfen" wird von den Krankenkassen so niedrig vergütet, dass die Dienste - ohne öffentliche Unterstützung und Unterstützung der Kirchen und Spendenmittel - nicht überleben können. Und damit sterben an vielen Orten auch die Trägerstruktur und die professionelle Kompetenz für HOT. In vielen Diözesen gibt es keine Familienpflege mehr. Im Osten Deutschlands hat es sie nie gegeben.
In NRW sind die Verhandlungen über die Vergütungssätze mit den Kassen gescheitert, das aktuelle Angebot der Kassen lag bei 19,25 Euro. Die Kosten für eine Fachkraft liegen aber bei rund 40 Euro. Und die Landesregierung will 2013 die Unterstützung für die Leitstellen der Familienpflegedienste kürzen, deren sinnvolle koordinierende Arbeit außer Frage steht.