Der Möglich-Macher
Matthias Müller, Geschäftsführer des Orts-Caritasverbandes HertenMarkus Lahrmann
Antwort: Er ist Geschäftsführer eines Orts-Caritasverbandes. Allerdings eher untypisch: Denn Matthias Müller ist eigentlich ein Möglich-Macher. Ein Mann mit vielen Talenten und Neigungen. Gelernt hat er Sozialarbeiter, arbeitet auch stundenweise seit 2014 als ausgebildeter Krisen- und Gewaltberater für Männer. Hauptsächlich aber ist er verantwortlicher Geschäftsführer des Orts-Caritasverbandes Herten (mit einem kaufmännischen Geschäftsführer an seiner Seite).
Herten im Ruhrgebiet, 62000 Einwohner, früher eine der größten Bergbaustädte in Europa, heute schwer geknechtet unter der hohen Arbeitslosigkeit, die größte Stadt Deutschlands ohne Schienenpersonenverkehr. Der örtliche Caritasverband betreibt mehrere Pflegeeinrichtungen, es gibt ein umfangreiches Beratungsangebot, betreutes Wohnen, Kinderladen, Tafel. Ein großes soziales Angebot. Müller führt die Geschäfte. Stellt Leute ein und entlässt notfalls welche, verhandelt Finanzierungen, kontrolliert Budgets. Der Begriff Caritas-Geschäftsführer gefällt ihm nicht: "Natürlich muss man Einrichtungen und Dienste planen, die Kosten im Griff haben, aber Caritas, das ist eine Haltung. Es geht darum, dass man mit den Leuten was macht." Und Müller macht. Holt Ehrenamtliche zum Hausbesuchsdienst, in die Flüchtlingshilfe oder zu einem Projekt "Männer für Männer" gegen die Einsamkeit pflegebedürftiger Männer. Er kämpft für eine Werkstatt, die Arbeitsgelegenheiten für die Schwächsten anbietet. Lässt im Haus nebenan Flüchtlinge betreuen und schaut, ob aus der Nachbarschaft nicht noch was Gutes erwachsen kann (zwei unterschiedliche Kostenträger - solche Angebote dürfen im deutschen Sozialstaat nicht in den Verdacht einer Quersubventionierung kommen). Ein Einzelkämpfer ist er nicht: "Man muss Leute finden, die mitmachen", sagt er. "Caritas zeigt sich in dem, was wir miteinander tun." Ein kreativer Caritas-Mann durch und durch. Der überzeugt ist, dass Sozialarbeit Begeisterung braucht. Er erfindet die Figuren Marie und Paul samt eigener Geschichte, lässt sie in Handarbeit in der Franz-Hahn-Werkstatt für Langzeitarbeitslose aus Buchenholz aussägen und bemalen. Anschließend werden sie vermarktet, der Erlös fließt ins Projekt.
Beim Hertener Kulturprojekt beteiligte er sich mit Kunst: "Steinekloppen mit Flüchtlingskindern". Wie er auf solche Ideen kommt? Er ist Sohn eines Steinmetzen aus der Eifel, hat Geige gelernt, auf der Klosterschule Lahnstein Theater gespielt, Kunst gemacht.
"Caritas, das ist eine Haltung."
Lokal hat er sich mit politischem Kabarett einen Ruf und Kultstatus erworben. Zuletzt stand er mit seiner Truppe vor über 700 Mitarbeitern aus vier caritativen Verbänden im Bistum Münster auf der Bühne. Ein riesiger Erfolg - und der Erlös wird gespendet. Woher nimmt er den Stoff? "Wir erleben bei der Caritas die verschiedensten Facetten eines Lebens wie in keiner anderen Branche", sagt Müller. "Was ich in einer Woche für Typen und für Themen habe, das ist doch unglaublich. Wenn wir keinen Sinn für Humor haben, der sich aus dem Leben speist, wer soll denn dann noch Humor haben?" Da ist kein Jammern über fehlende Bindungsfähigkeit des katholischen Milieus, sondern Spaß an der Arbeit mit Menschen. Ideen haben, Leute begeistern, etwas anstoßen - und dann selbst loslassen.