Wirkungsorientierung in der Humanitären Hilfe
Mehr als 65 Millionen Menschen – so viele wie noch nie – sind derzeit auf der Flucht. Gewaltsame Konflikte, brutale Verfolgung und Naturkatastrophen haben mehr Kinder, Frauen und Männer als je zuvor aus ihren Heimatorten vertrieben. Laut dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) hat sich die Zahl der Flüchtlinge innerhalb von gut zehn Jahren vervierfacht.
Wie kann dieser weltweit gestiegene Hilfsbedarf gedeckt, koordiniert und finanziert werden? Darüber debattierten über 9.000 Teilnehmer aus 173 Staaten beim ersten Weltkongress der Humanitären Hilfe im Mai 2016 in Istanbul. Im Zentrum stand dabei natürlich auch die Frage nach der Qualität der geleisteten Hilfen.
Mit begrenzten Mitteln eine möglichst große Wirkung zu erreichen, ist das Ziel aller humanitären und entwicklungspolitischen Nichtregierungsorganisationen. Aber wie können wir für uns und unsere Arbeit, aber auch für unsere Spenderinnen und Spender sicherstellen, dass unsere Arbeit auch die gewünschten Effekte erzielt, und unerwünschte Nebenwirkungen verhindern? Erst recht, wenn ein Großteil der Hilfe in sehr schwierigem Umfeld geleistet wird: in Konfliktgebieten mit unterschiedlichen Gewaltakteuren, lokalen Autoritäten und kaum Zugang zu unabhängigen Informationen. Wie können wir sicher sein, dass Gelder nicht veruntreut oder bestimmte Zielgruppen begünstigt werden? Oder dass die nach einer Naturkatastrophe notwendigen Hilfslieferungen den lokalen Markt nicht negativ beeinflussen?
Während es vergleichsweise einfach ist, Rechenschaft über die Zahl verteilter Lebensmittel oder Medikamente abzulegen, stellt die Messung darüber hinausgehender Gesamtwirkungen uns vor weit größere Herausforderungen. Doch wenn der Übergang von einer in erster Linie reaktiven zu einer nachhaltig wirksamen Humanitären Hilfe gelingen soll, müssen wir mehr darüber erfahren, was unsere Maßnahmen langfristig bei den Menschen auslösen und bewirken.
Wie wirkt unsere Hilfe? Wir sind der Überzeugung, dass die Wirkung unserer Arbeit nicht vom heimischen Schreibtisch aus erhoben werden kann, sondern dies vor Ort gemeinsam mit den Betroffenen geschehen muss. Für Caritas international bedeutet Wirkungsorientierung daher immer auch, einen engen Dialog mit unseren Partnern zu führen: Schließlich geht es darum, die gemeinsame Arbeit fortlaufend zu überprüfen und zu hinterfragen, um sie dann im Konkreten noch besser machen zu können.
Der vorliegende Report gibt anhand von zehn Beispielen Einblick, wie und mit welchen Ergebnissen Caritas international das vor fünf Jahren gemeinsam mit der Diakonie Katastrophenhilfe entwickelte „Fachkonzept zur Wirkungsorientierung“ seither in die Praxis umsetzt. Wir wollen damit zur Diskussion um geeignete Methoden und Wege in der Wirkungsbeobachtung anregen und hoffen dadurch auch, einen weiteren Beitrag zur verstärkten Wirkungsorientierung in der Humanitären Hilfe leisten zu können.
August 2016