Wie viele wandern nach Deutschland ein, warum und woher?
In der öffentlichen Migrationsdebatte finden sich immer wieder Behauptungen, die einer faktischen Überprüfung nicht standhalten, gleichzeitig aber eine (oft negative) Grundstimmung erzeugen. Dabei geht es um Einwanderungszahlen und deren Bedeutung sowie Bewertung. Hier finden Sie Zahlen und Begriffserläuterungen, die helfen, eine realistische Einschätzung der Einwanderungssituation in Deutschland zu entwickeln.
Wie hoch ist der Anteil von Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit an der Bevölkerung in Deutschland?
> Etwa 10,5 Prozent der Menschen in Deutschland sind keine deutschen Staatsbürger
In Deutschland lebten im Juni 2023 knapp 84,5 Millionen Menschen, davon knapp 12,5 Millionen ohne deutsche Staatsangehörigkeit.
Wer wandert nach Deutschland ein?
> Allen voran: EU-Bürger_innen
Die größte Zuwanderungsgruppe in Deutschland sind Jahr für Jahr EU-Bürger_innen - abgesehen von den Jahren 2015 und 2022, in denen viele geflüchtete Menschen von außerhalb der EU eingereist sind.
Zum Stichtag 31.12.2022 hielten sich gut 5 Millionen Staatsangehörige anderer EU-Mitgliedstaaten in Deutschland auf. Neben den 1,1 Millionen Menschen aus der Ukraine stammten weitere knapp 23 Prozent der in Deutschland lebenden Ausländer_innen aus einem anderen europäischen Staat.
Aus welchen Gründen wandern Menschen nach Deutschland ein?
> Asylsuchende sind die kleinste Zuwanderungsgruppe
Die überwiegende Zahl an Einwander_innen kommt aus Gründen wie Studium, Ausbildung, Arbeit oder als Familienangehörige von Deutschen und Ausländer_innen bzw. völlig anderen Gründen nach Deutschland. Die weitaus kleinere Gruppe beantragt Asyl.
Bildungsmigration und Arbeitsmigration
Seit einigen Jahren bemüht sich Deutschland, die Zahl der einwandernden Studierenden, Auszubildenden und Arbeitskräfte zu steigern, denn Deutschland braucht Zuwanderung, um seinen Bedarf an Fachkräften zu decken.
Im Jahr 2022 kamen knapp 200.000 Auszubildende, Studierenden und Arbeitskräfte aus allen Teilen der Welt. Die größten Gruppen der Bildungsmigrant_innen kamen aus China und Indien, aber auch Tunesien und Marokko sind in den TOP 10. Bei Arbeitsmigrant_innen sind neben Indien und China die Westbalkanstaaten, die Türkei, Russland und die USA in den TOP 10.
Wie hoch war die Zuwanderung nach Deutschland im Kriegsjahr 2022?
> Nur ein Bruchteil der Zugewanderten im Jahr 2022 ist geblieben
Im Jahr 2022 sind rund 2,7 Millionen Menschen nach Deutschland eingewandert. Laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) kommen davon knapp 500.000 Personen aus EU-Mitgliedstaaten, laut Statistischem Bundesamt sogar 600.000.
Pro Jahr wandern insbesondere viele EU-Bürger_innen weiter oder kehren in die Heimat zurück - nur 143.515 Menschen sind geblieben. Insgesamt lag der Wanderungssaldo abzüglich der Ukrainevertriebenen bei 502.562.
Zu den 12,5 Millionen Ausländer_innen im Juni 2023 zählen 1,1 Millionen schutzsuchende Personen, die aus der Ukraine vertrieben wurden.
Welche Länder gewähren vertriebenen Ukrainer_innen Schutz?
Derzeit leben 13 Ukrainevertriebene pro tausend Einwohner in Deutschland, insgesamt 1,1 Millionen. Weitere 3 Millionen leben in anderen Staaten der EU, davon 970.000 in Polen (26 pro Tausend) sowie 120.000 (46 pro Tausend) in Moldawien. Deutschland ist also bei weitem nicht das Land mit den meisten Ukrainevertriebenen pro Kopf.
Wer reist illegal ein?
> Ein illegaler Aufenthalt ist bei den meisten Asylbewerber_innen nur vorübergehend
Jeder Grenzübertritt ohne Visum oder Erlaubnis zur visumsfreien Einreise ist illegal. Das gilt auch für Schutzsuchende. Da es entsprechende (humanitäre) Visa nicht gibt, bestehen für sie kaum legale Möglichkeiten einzureisen.
Während eines Asylverfahrens ist der Aufenthalt gestattet - also rechtmäßig. Unabhängig von der Legalität oder Illegalität der Einreise erhalten Asylbewerber_innen zum überwiegenden Teil einen Schutzstatus zugesprochen. Das BAMF veröffentlicht Zahlen zu seinen Entscheidungen: Im 2. Quartal 2023 lag die Gesamtschutzquote aller Herkunftsländer bei 51 Prozent, die bereinigte Gesamtschutzquote, d. h. die Quote der Anerkennungen bezogen auf tatsächlich inhaltliche und nicht nur formelle Entscheidungen, sogar bei 72 Prozent.
Bei den TOP 2 Syrien und Afghanistan lag die Gesamtschutzquote bei 84 bzw. 72 Prozent. Die bereinigte Gesamtschutzquote lag sogar bei 100 bzw. 99 Prozent. Das heißt, die weit überwiegende Mehrheit aller Schutzsuchenden in Deutschland erhält auch begründeten Schutz.
Wenn das Bundesamt einen Schutzstatus festgestellt hat, erhalten Schutzberechtigte auf Antrag ein Aufenthaltsrecht - sind also rechtmäßig in Deutschland. Eine legale, weil visumsfreie Einreise ist z. B. für Staatsangehörige der Ukraine, von Georgien oder Moldawien möglich.
Quellen:
- https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/visa-und-aufenthalt/staatenliste-zur-visumpflicht/207820
- www.bamf.de/DE/Themen/Statistik/statistik-node.html
- www.bundespolizei.de/Web/DE/04Aktuelles/01Meldungen/2023/09/230821_unerlaubte-einreisen_bp.html
- https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Bevoelkerungsstand/Tabellen/liste-zensus-geschlecht-staatsangehoerigkeit.html#651186
- BT-Drucksache 20/7829
http://docs.dpaq.de/19478-ka_20_7829.pdf