Wert der Freien Wohlfahrtspflege verteidigen
Stephan Jentgens, Diözesan-Caritasdirektor für das Bistum Aachen Foto: Frank Kind Photography
Kriegerische Konflikte bereiten uns große Sorge. Die Umweltzerstörung zeigt sich im sich immer schneller verändernden Klima mit fatalen Folgen für unsere Natur, die Städte und die Menschen, die dort leben. Die Wirtschaft kostet es erhebliche Anstrengungen, das Geld zu erwirtschaften, das unter anderem für den Sozialstaat ausgegeben wird. In politischen Diskussionsrunden erleben wir immer wieder Versuche, dass berechtigte Anliegen von Umwelt- oder Sozialverbänden gegen wirtschaftliche Erwägungen ausgespielt werden.
Die Caritas als Teil der Freien Wohlfahrtspflege muss entschieden dem Eindruck entgegentreten, der Sozialstaat könne seine Leistungen nur nach Kassenlage gewähren. Den Eindruck kann man nämlich bekommen, wenn man manche politischen Stimmen hört. Das ist nicht das Verständnis der Caritas von Sozialstaat und übrigens auch nicht das Verständnis des Grundgesetzes.
Als Caritas halten wir dem entgegen: "Caritas öffnet Türen." Indem wir ermöglichen und befähigen und nicht verhindern, sichern wir die Würde von Menschen und schaffen Perspektiven für Menschen, und zwar nicht nur, wenn die Schwierigkeiten erdrückend sind, sondern auch präventiv. Diese - davon bin ich fest überzeugt - bringen unterm Strich unser Gemeinwesen mehr voran als das Ausspielen sozialer Anliegen der Menschen gegen andere Interessen. In vielen Diensten und Einrichtungen der Caritas und der Freien Wohlfahrtspflege ist zu erleben, wie dort kluge Ideen in herausfordernden Zeiten Türen öffnen und Situationen für und von Menschen nachhaltig verbessern. Das geht aber nur, wenn die Freie Wohlfahrtspflege einen Sozialstaat als Partner hat, der im Interesse der Menschen, die Begleitung und Unterstützung benötigen gemeinsam erreichte Errungenschaften nicht leichtfertig aus der Hand gibt.
Mit Sorge sehe ich, dass Stimmen politischer Gruppen lauter werden, die das Heil unseres Landes hinter geschlossenen Türen sehen, die vieles, was eine offene Gesellschaft auszeichnet, ablehnen. Wir als Caritas haben viele Erfahrungen damit, Sorgen und Anliegen von Menschen ernst zu nehmen. Und gerade deshalb müssen wir uns dagegen wehren, solche Sorgen immer wieder als Vorwand zu nehmen, um die Hand an die Werte zu legen, für die unsere freiheitliche Grundordnung steht. Daher sollten wir als Caritas Türen öffnen für Dialogräume, in denen sich Menschen unterschiedlicher politischer Überzeugungen treffen, die aber eines eint: die Grundwerte, Solidarität und die Würde aller Menschen, für die unser Gemeinwesen steht. Vor diesem Hintergrund um die besten Lösungen zu ringen, da ist die Caritas gerne dabei. Und sie setzt hier auf Politikerinnen und Politiker, die den Wert der Freien Wohlfahrtspflege erkennen und verteidigen, weil die Menschen, die Hilfe benötigen, darauf angewiesen sind.