Ressourcenkampf oder gemeinsame Verantwortung?
Birgit Persch-Klein, Referentin für Ehrenamtliches Engagement und Gemeindecaritas beim Caritasverband für das Bistum EssenFoto: Privat
Dass Professor Johannes Pantel zu den sogenannten Babyboomern gehört, lässt sich unschwer an seinem Geburtsjahr, 1965, erkennen. Der Lehrstuhlinhaber für Altersmedizin mit Schwerpunkt Psychogeriatrie und klinische Gerontologie an der Goethe-Universität Frankfurt, hielt die Keynote auf der gemeinsamen "Caritas in NRW"-Veranstaltung der Fachbereiche "Offene soziale Altenarbeit" und "youngcaritas". Pantels Augenmerk, konzentriert sich, schon allein aus beruflichen Gründen, auf ältere Menschen. Sein Buch "Der kalte Krieg der Generationen - Wie wir die Solidarität zwischen Jung und Alt erhalten" benennt beklemmende Zukunftsvisionen, wie Senizid (Altentötung), vermehrte Altersfeindlichkeit und -diskriminierung. Schutzrechte, vor allem für ressourcenarme ältere Menschen, werden vielleicht schon bald notwendig.
Lösungsansätze sieht Pantel darin, Gerechtigkeitsdefizite zwischen den Generationen klar zu benennen und diese in einem fairen und gleichberechtigten Prozess miteinander auszuhandeln. Es brauche eine Verbesserung der Partizipationsmöglichkeiten für jüngere Menschen, so der Mediziner. Bei den großen gesellschaftlichen Problemen, wie Bildung, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, Staatsfinanzen sowie Klima und Umwelt seien die gemeinsamen Interessen der Generationen größer als die Gegensätze und ließen sich nur gemeinsam angehen.
Die Sorgen der jüngeren Generation um Klima, Umwelt und Rente sind in ihren Auswirkungen nicht weniger beängstigend als zunehmende Altersdiskriminierung. Man mag zu Bewegungen wie Fridays for future, Klimaklebern und anderen Initiativen stehen wie man will - dass der menschengemachte Klimawandel keinen wesentlichen Einfluss im zurückliegenden Bundestagswahlkampf genommen hat, ist ein ernstzunehmendes Zeichen. Im schlechtesten Fall wird es den Groll auf die älteren Generationen verschärfen.
Eine zukunftsfähige, gerechtere Gesellschaft braucht somit vor allem eines: gegenseitiges Vertrauen und Wertschätzung. Doch das allein genügt nicht - es bedarf auch eines konstruktiven Dialogs auf Augenhöhe. Die ältere Generation, die derzeit zentrale Führungs- und Machtpositionen in Politik und Gesellschaft innehat, darf sich nicht darauf ausruhen, den Anliegen, Themen und Sorgen der Jugend lediglich Gehör zu schenken. Vielmehr müssen junge Menschen echte Mitspracherechte erhalten, um aktiv an der Gestaltung der Zukunft mitzuwirken. Konkrete Schritte könnten etwa die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz sowie eine Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre sein. Daher mein Aufruf an die politischen und gesellschaftlichen Entscheidungsträgerinnen und -träger: Wagt mehr Mitbestimmung, mehr Demokratie, mehr Beteiligung! Wer jungen Menschen echte Verantwortung überträgt, stärkt ihre Selbstwirksamkeit. Somit werden sie sich auch in Zukunft für gesellschaftlichen Zusammenhalt und Solidarität unter den Generationen einsetzen.
Und an die jungen Menschen gerichtet: Schaltet Euch ein, macht auf die Fehlentwicklungen in Politik, Gesellschaft und Umwelt aufmerksam und arbeitet mit an Lösungen! Beteiligt Euch an politischen Prozessen, streitet, engagiert euch ehrenamtlich, geht weiterhin auf die Straßen! Nicht ohne Euch, nur mit Euch zusammen kann die berechtigte Forderung nach Generationengerechtigkeit Wirklichkeit werden.