Daten und Fakten: „Ein Vulkan vor dem Ausbruch“
Die Pandemie und die Maßnahmen, die zu ihrer Bekämpfung getroffen wurden, haben die Wirtschaft schwer getroffen. Viele Unternehmen haben Kurzarbeit angemeldet, ganze Branchen wie die Kultur, der Messebau und der Tourismus liegen brach, etliche Minijobs gibt es nicht mehr. Das heißt: Sehr viele Menschen haben spürbar weniger Einnahmen. Für nicht wenige steht die eigene Existenz auf dem Spiel: Der Laden, das Tanzstudio, die Praxis, die Tätigkeit als freischaffende Künstlerin oder freischaffender Künstler stehen vor dem Aus oder bringen nichts mehr ein.
Die Vermutung liegt nahe, dass viele dieser Menschen finanzielle Schwierigkeiten bekommen oder bekommen werden. Noch sind die Daten hierzu aber spärlich.
Der Deutsche Caritasverband hat vom 5. bis zum 9. Oktober 2020 Daten aus den Schuldnerberatungsstellen erhoben. Ziel war es, die tatsächliche Auswirkung von Corona auf den Beratungsumfang zu diesem bestimmten Zeitpunkt zu messen, sowie die Profile der Klientinnen und Klienten zu erfassen.
Schon jetzt gibt es vielerorts lange Wartelisten
Von den 345 Caritas-Schuldnerberatungsstellen haben sich über 120 an die Umfrage beteiligt, über 90 aussagekräftige Datensätzen wurden erhoben. Gefragt wurde nach der durchschnittlichen Auslastung der jeweiligen Beratungsstelle im Vergleich zu Vorjahreszeitraum.
In einigen Beratungsstellen gibt es bereits Wartelisten und Ratsuchenden bekommen erst vier oder sechs Wochen später Termine.
Auch erhoben wurde der Anteil an den Ratsuchenden bestimmter Personengruppen: Personen in Kurzarbeit; Soloselbständige; Personen, die ihren Minijob-Zuverdienst verloren haben, also beispielsweise Renter_innen oder sogenannte Aufstocker_innen.
Die Zahlen machen deutlich: Noch erleben die Schuldnerberatungsstellen keinen massiven Andrang an neue Zielgruppen. In gerade mal 4% der Beratungsstellen machen Soloselbständige über 10% der Ratsuchenden aus.
Berater(innen) sehen Ruhe vor dem Sturm und warnen
Die Beraterinnen und Berater sind sich aber sicher: Es ist die Ruhe vor dem Sturm - oder, wie es eine Beratungsstelle ausdrückt "ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch". Gerade Menschen, die immer abgesichert gewesen sind, brauchen Zeit, bis sie den Weg in die Beratungsstellen wagen. Viele Kolleginnen und Kollegen erwarten für das Ende des Jahres und den Anfang des nächsten Jahres vermehrt Anfragen, einige sogar einen Ansturm.
Viele Beratungsstellen sehen sich nicht ausreichend genug ausgerüstet, um die bevorstehende Welle von Anfragen zu begegnen.