Menschen mit geringem Einkommen, von der Corona-Pandemie gebeutelte Kinder und Jugendliche, Menschen auf der Flucht oder die bei uns Zuflucht gefunden haben, sowie Pflegebedürftige, für welche die Kosten der Pflege steigen und steigen, und ausgebeutete Live-in-Betreuungskräfte… „Ihre Interessen dürfen bei der Suche nach dem politischen Kompromiss nicht unter die Räder geraten“, so Neher.
Gerade beim Klimaschutz, der für die neue Koalition eine hohe Priorität haben muss, gilt es, die soziale Gerechtigkeit immer mitzudenken. Das bedeutet: „Die Besteuerung von CO2 muss mit einer Klimaprämie einhergehen, klimaschädliche Subventionen gehören abgebaut - viele, etwa das Dienstwagenprivileg, schaden nicht nur dem Klima, sie verfestigen auch die soziale Spaltung“, so Neher.
Caritas klimaneutral bis 2030
Selbst will die Caritas bis zum Jahr 2030 klimaneutral wirtschaften. „Als Wohlfahrtsverband, der jedes Jahr in Deutschland 13 Millionen Menschen pflegt, betreut und begleitet, sind wir ein erheblicher Hebel für die Dekarbonisierung. Wir haben Gebäude, die wir heizen, Mitarbeitende, die für uns unterwegs sind und Arbeitskleidung tragen, wir servieren Millionen von Menschen Mahlzeiten“, führte Nehers Nachfolgerin Eva Welskop-Deffaa aus.
Am 13. Oktober 2021 wurde die 62-Jährige von den Delegierten der Deutschen Caritasverbandes zur Präsidentin gewählt, Mitte November wird sie das Amt von Neher übernehmen. „Die ökologische Transformation der Sozialwirtschaft braucht die passende Unterstützung, in Form von Refinanzierungsmodellen und Förderprogrammen“, so Welskop-Deffaa auf der gemeinsamen Pressekonferenz.
Ein funktionierendes europäisches Asylsystem
Das Engagement der Caritas für den Klimaschutz gehörte neben der Verabschiedung einer Digitalstrategie und einer Positionierung zur Migrations- und Flüchtlingspolitik zu den Themen, die die 150 Delegierten der Caritas auf ihrer jährlichen Versammlung diskutierten.
„Wir brauchen endlich ein funktionierendes europäisches Asylsystem“, so Neher. „Aber wir sagen auch: Eine gemeinsame Lösung darf nicht zur Vorbedingung für weitere Aufnahmen gemacht werden. Sonst passiert noch jahrelang nichts und Menschen harren weiterhin aussichtslos in Lagern aus.“ Der Deutsche Caritasverband fordert, dass der großen Aufnahmebereitschaft in vielen Kommunen und Bundesländern in Deutschland Rechnung getragen wird und weitere Aufnahmeprogramme aufgesetzt werden. Für die Zusammenführung von Familien sollten unkomplizierte Lösungen gefunden werden.
Fluthilfe: drei bis vier Jahre für den Wiederaufbau
Der Caritas-Präsident informierte auch über die Caritas-Arbeit in den von der Flut betroffenen Gebieten. Das Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes, Caritas international, hat 45 Millionen Euro Spenden für die Flutopfer gesammelt, wovon bisher etwa 5 Millionen Euro als Soforthilfen ausgezahlt wurden.
„Vielen Menschen geht die Auszahlung der Hilfen nicht schnell genug“, stellte Neher fest und ergänzte: „Erst greifen Hilfen des Staates und der Versicherungen, dann erst die Hilfen der Wohlfahrtsverbände. Es braucht Augenmaß und Kompetenz, um sicher zu entscheiden, wo Hilfen eingesetzt werden müssen.“
Nicht alle Mittel werden gleich zum Einsatz kommen. Basierend auf den Erfahrungen aus den Hochwassern an Elbe und Donau von 2002 und 2013 geht die Caritas davon aus, dass die Projekte rund um die Flut erst in drei bis vier Jahren abgeschlossen sein werden. Neben der Unterstützung beim Wiederaufbau werden sozialräumliche Projekte - Beratungsangebote für traumatisierte Menschen oder für Helferinnen und Helfer, Erholungsangebote für Familien - immer mehr an Bedeutung gewinnen.