Es hat ihn nie jemand gefragt. Aber wenn Surya Gentha Akmal zu Ohren gekommen wäre, dass in Deutschland darüber diskutiert wird, ob es okay ist, ein guter Mensch zu sein, er würde sich wohl am Kopf kratzen. Rückblende: Im Dezember 2018 ist Akmal einer von hunderten Freiwilligen, die sich nach dem Tsunami in der Meeresstraße von Sunda melden, um den Opfern der Katastrophe zu helfen. Viele nehmen dafür ihren gesamten Urlaub.
Meter hohe Wellen hatten zuvor Teile der Küstenlinie der indonesischen Inseln Sumatra und Java zerstört. Mehr als 400 Menschen kamen dabei ums Leben, Tausende wurden verletzt, mehr als 30.000 verloren ihr Zuhause. Ausgelöst wurde die Katastrophe von einem gewaltigen Erdrutsch am einst mehr als 300 Meter aufragenden Vulkan Anak Krakatau, der dabei fast komplett in sich zusammenbrach.
Die Motivation für Akmals Engagement kommt allein aus ihm selbst. Er ist nicht auf Anerkennung aus und engagiert sich auch nicht aus Trotz - etwa um denjenigen eins auszuwischen, die denken, sich um Mitmenschen zu kümmern wäre reine Zeitverschwendung - wenn es die in seiner Heimat denn überhaupt gibt. "Anderen zu helfen gibt mir eine innere Befriedigung", erklärt der 29-Jährige seine Beweggründe.
Dabei ist sein Job alles andere als einfach, denn in einer akuten Katastrophe gibt es keine Achtstundentage. Akmal arbeitet für den Caritas-Partner IPB, das Katastrophenhilfe-Team einer agrarwissenschaftlichen Universität auf der Insel Java. Er organisiert Verteilungen und erfasst diejenigen Begünstigten, die bereits Hilfsgüter wie Nahrungsmittel und Hygieneartikel bekommen haben. Außerdem leitet er Erkundungsmissionen in abgelegene Dörfer der Küste, um zu erfassen, wie groß die Schäden dort ausgefallen sind, wie die Menschen von den Helferinnen und Helfern am besten versorgt werden können und welche Unterstützung eventuell schon andere Hilfsorganisationen geleistet haben.
Sobald er feststellt, dass Betroffene der Katastrophe Anzeichen schwerer Traumata aufweisen, vermittelt er sie an psychologisch geschulte Fachkräfte. Und es nicht selten der Fall, dass Akmal selbst die herzzerreißenden Geschichten der Überlebenden des Tsunamis hört. Wie die von Ibu Tasrin, einem Fischer aus dem Küstendorf Labuan Teluk: "Wir lagen mit dem Boot im Meer zu Anker, zu einem Zeitpunkt, als die Welle noch nicht so gefährlich war. Das Schiff hielt dem Tsunami stand. Als wir schließlich heimkamen, fand ich unser Haus komplett zerstört vor. Erst Stunden später konnte ich meine Familie wiederfinden. Wir haben uns in den Armen gelegen und nur geweint. Trotz allem sind wir bereit, zurückzugehen. Natürlich haben wir jetzt Angst, aber das Meer gibt uns Arbeit."
Akmal verspricht der Familie, sie beim Neustart zu unterstützen, etwa wenn es um das Finden einer neuen Unterkunft geht, denn zunächst muss sie sich einen Saal mit 40 anderen Familien teilen. Sein Antrieb dabei ist denkbar einfach: "Es macht mich glücklich zu sehen, wenn immer sich jemand aus einer schwierigen Lebenssituation befreien kann."