Heute wird Betty von Milad beim Klettern mit einem Seil gesichert. Er soll im Zweifelsfall ihr Leben retten. Damals brachte sie ein Aufruf im Radio und die vielen schrecklichen Bilder in den Medien dazu, sich zu engagieren. Gemeinsam mit ihrem Mann entschied sich Betty, einen Flüchtling bei sich zuhause aufzunehmen - zusätzlich zu ihren Kindern. So traf sie Milad aus Afghanistan vor drei Jahren im Flüchtlingsheim.
Betty - selbst mit griechischem Migrationshintergrund - sagt heute: "Es hat einfach gepasst". Trotz vereinzelter Probleme mit Behörden und der Bürokratie wurde Milad schnell Teil der Familie. Betty meint "wir haben durch Milad eine andere Seite des Lebens kennengelernt". Sie half ihm mit der deutschen Sprache und bei den Schulaufgaben. Außerdem unternahm die Familie in ihrer Freizeit viel zusammen - eine gemeinsame Leidenschaft ist das Klettern. So lernte Milad schnell Deutsch und spricht mittlerweile fast akzentfrei. Er wurde sogar zum Klassensprecher gewählt. Nebenbei machte er Praktika in einer Klinik und begann sich für den medizinischen Bereich zu interessieren.
Um Menschen zu helfen, startete er nach der Schule eine Ausbildung zum operationstechnischen Assistent. Aber auch schon davor half er anderen Flüchtlingen, sich zu integrieren, z. B. indem er für sie übersetzt. Milad sagt pragmatisch "da mir geholfen wurde, möchte ich auch gern anderen Menschen helfen". Schließlich schafften es Milad und Betty sogar, seine Familie aus dem Krisengebiet Afghanistan nachzuholen. Das Wiedersehen am Flughafen war für Milad nach zwei Jahren allein auf der Flucht und in Deutschland das emotionalste Erlebnis seines Lebens. Jetzt wünscht sich Milad, dass die Menschen erkennen, wie abhängig wir voneinander sind.
Betty wünscht sich mehr Toleranz und mehr Bereitschaft, andere Kulturen kennenzulernen. Sie meint, die Politik sollte sich nicht von den lautesten Gruppen treiben lassen. Stattdessen müssten die verschiedenen Gruppen aufeinander zugehen und miteinander reden. Milads Vorschlag an die Politik ist konkreter: Flüchtlingen in Deutschland sollte der Zugang zu Arbeit und Ausbildung erleichtert werden. So könnte es viel mehr Erfolgsgeschichten wie seine geben.