Neues Gesetz stärkt das Ehrenamt
Nach dem "Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements" von 2007 wurde das Gemeinnützigkeitsrecht nun mit dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes signifikant überarbeitet. Das Gesetz wurde Ende 2012 unter dem Titel "Gemeinnützigkeitsentbürokratisierungsgesetz" in Bundestag und Bundesrat eingebracht. Es hat zum Ziel, das gesellschaftliche Engagement zu fördern, indem es die rechtlichen Rahmenbedingungen flexibilisert. Mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger Ende März 2013 ist das Gesetz rechtskräftig geworden. Gefördert werden insbesondere:
Die Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale wurde angehoben
Rückwirkend zum 1. Januar 2013 wurde die Übungsleiterpauschale von 2100 Euro auf 2400 Euro und die Ehrenamtspauschale von bisher 500 Euro auf 720 Euro pro Jahr erhöht. Mit der Anhebung der Übungsleiterpauschale erhöht sich gleichzeitig auch der Steuerfreibetrag für die Aufwandsentschädigung ehrenamtlicher rechtlicher Betreuer(innen) nach § 3 Nr. 26b Einkommensteuergesetz (EStG). Parallel erhöht wurden ferner die Anrechnungsfreibeträge bei Sozialleistungen (siehe neue caritas Heft 8/2013, S. 21) Der Anwendungsbereich der Steuerfreibeträge ist jedoch gleich geblieben.
Beibehalten wurde ebenso die rechtlich zulässige Kombination von Übungsleiterpauschale beziehungsweise Ehrenamtspauschale mit einem Minijob, eine im Bereich der freien Wohlfahrtspflege wohl weitverbreitete Gestaltung. Allerdings wurde die Kombination im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens heftig diskutiert und teilweise als "Gestaltungsmissbrauch" tituliert. Die ursprüngliche Intention der Steuerfreibeträge wird vielfach in einem unbürokratischen Aufwandsersatz für ehrenamtlich Tätige gesehen, nicht aber in einer steuer- und sozialversicherungsfreien Auszahlung regulärer Stundenlöhne durch gemeinnützige Körperschaften. Auch wenn es im vorliegenden Gesetz noch zu keinen Einschränkungen gekommen ist, können entsprechende Vorstöße des Gesetzgebers mittelfristig nicht ausgeschlossen werden.
Der Nachweis der wirtschaftlichen Hilfebedürftigkeit wird vereinfacht
Erleichtert wurde rückwirkend zum 1. Januar 2013 der Nachweis der wirtschaftlichen Hilfebedürftigkeit. Wie bereits im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) geregelt, kann bei Empfänger(inne)n von Leistungen nach SGB II und XII, nach dem Wohngeldgesetz, nach § 27a Bundesversorgungsgesetz oder nach § 6a Bundeskindergeldgesetz der Nachweis der wirtschaftlichen Hilfebedürftigkeit durch den jeweiligen Leistungsbescheid für den maßgeblichen Zeitraum oder die Bestätigung des Sozialleistungsträgers geführt werden. Wirklich neu ist, dass auf Antrag der gemeinnützigen Organisation auf einen Nachweis der wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit gänzlich verzichtet werden kann, wenn sichergestellt ist, dass mit dem Angebot nur wirtschaftlich hilfebedürftige Menschen unterstützt werden. Offen ist noch, für welche konkreten Angebote diese Verfahrenserleichterung gelten wird. Infrage kommen beispielsweise Einrichtungen und Dienste für wohnungslose Menschen, Kleiderkammern oder Tafeln.
Vorstandsvergütung ist nun gesetzlich geregelt
Bisher vertrat die Finanzverwaltung die Auffassung, dass die Vergütung von Vereinsvorständen nur dann zulässig ist, wenn dies die Satzung ausdrücklich regelt. Enthält die Vereinssatzung hingegen keinen Passus zur Organvergütung oder regelt diese ausdrücklich eine ehrenamtliche Tätigkeit, dann ist die Vergütung von Organmitgliedern gemeinnützigkeitsschädlich. Um diese Rechtsauffassung gesetzlich abzusichern, wurde nun in § 27 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die unentgeltliche Tätigkeit von Vereinsvorständen festgeschrieben. Diese Regelung kann nach § 40 BGB durch eine anderslautende Bestimmung in der Satzung abbedungen werden. Da diese Rechtsauffassung bereits seit Jahren von der Finanzverwaltung vertreten wird, werden vermutlich schon viele Satzungen gemeinnütziger Vereine der geänderten Rechtslage entsprechen. Problematisch ist hingegen, dass durch einen Verweis in § 86 Satz 1 BGB die Regelung nun auch für Stiftungen gilt. Alle Stiftungen sollten nun umgehend prüfen, ob die Mitglieder von Stiftungsorganen eine Vergütung erhalten. Ist dies der Fall, dann besteht akuter Handlungsbedarf, da die Übergangsfrist bis zum 1. Januar 2015 knapp bemessen ist.
Die Haftung bei Ehrenamtlichen wurde eingeschränkt
Organmitglieder, besondere Vertreter(innen) eines Vereins und Vereinsmitglieder, die unentgeltlich tätig sind oder deren Vergütung 720 Euro jährlich nicht übersteigt, haften zukünftig nur noch bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Ferner können sie vom Verein verlangen, von der Verbindlichkeit befreit zu werden, wenn sie gegenüber einem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet sind und nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt haben.
Der Firmenzusatz "gGmbH" ist zulässig
Mit der Ergänzung des § 4 GmbHG wird klargestellt, dass eine gemeinnützige GmbH die Abkürzung "gGmbH" führen darf. Dies war notwendig geworden, da bei Handelsregistereintragungen der Zusatz "gGmbH" vereinzelt bereits in Frage gestellt wurde, obwohl die Abkürzung in Deutschland weit verbreitet ist.
Satzungsmäßige Voraussetzungen werden gesondert festgestellt
Während bisher bei Gründung oder Satzungsänderung zu den satzungsmäßigen Voraussetzungen nur eine vorläufige Bescheinigung ausgestellt wurde, werden diese seit Ende März 2013 von den Finanzbehörden gesondert festgestellt. Die Feststellung der Satzungsmäßigkeit erfolgt entweder auf Antrag der Körperschaft oder von Amts wegen bei der Steuerveranlagung. Insgesamt erhöht sich die Rechtssicherheit. Allerdings ist auch damit zu rechnen, dass die Ausformulierung der Satzung von der Finanzverwaltung zukünftig noch kritischer geprüft wird.
Die Frist zur zeitnahen Mittelverwendung wird verlängert
Während bisher die Mittel einer steuerbegünstigten Körperschaft in dem auf den Zufluss folgenden Wirtschaftsjahr für die satzungsgemäßen Zwecke zu verwenden waren, gilt rückwirkend zum 1. Januar 2013 eine zweijährige Verwendungsfrist.
Mittel zur Vermögensausstattung können weitergegeben werden
Ab 2014 können Überschüsse aus der Vermögensverwaltung, Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben sowie darüber hinaus 15 Prozent der sonstigen zeitnah zu verwendenden Mittel ganz oder teilweise zur Vermögensausstattung anderer gemeinnütziger Körperschaften verwendet werden. Voraussetzung ist, dass die steuerbegünstigten Zwecke des Empfängers den Zwecken der zuwendenden Körperschaft entsprechen und der Empfänger die zugewendeten Mittel nicht nochmals weitervergibt.
Die Regelungen zur Rücklagen- und Vermögensbildung wurden überarbeitet
Die bisher in § 58 Abgabenordnung (AO) enthaltenen Regelungen zur zulässigen Rücklagenbildung wurden in den neu geschaffenen § 62 AO verschoben. Hinzugekommen ist die Bildung einer Rücklage für die beabsichtigte Wiederbeschaffung von Anlagegütern, sofern diese für die Verwirklichung der satzungsgemäßen Aufgaben erforderlich sind. Die Höhe der Rücklagenzuführung bemisst sich dabei grundsätzlich nach den steuerrechtlichen Abschreibungen. Werden höhere Beträge zugeführt, ist die Erforderlichkeit der höheren Beträge nachzuweisen.
Übernommen wurde in den neuen § 62 AO auch die besondere Rücklagenbildung bei Stiftungen. Überschüsse aus der Vermögensverwaltung und aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben können wie bisher im Jahr der Errichtung und den zwei folgenden Kalenderjahren ganz oder teilweise dem Vermögen zugeführt werden. Diese Frist wird nun ab 2014 auf die der Errichtung folgenden drei Kalenderjahre ausgedehnt.
Zwar wurde der Umfang der Bildung freier Rücklagen mit maximal einem Drittel der Überschüsse aus der Vermögensverwaltung beziehungsweise zehn Prozent der sonstigen zeitnah zu verwendenden Mittel beibehalten, jedoch können zukünftig die in einem Jahr nicht ausgeschöpften Höchstbeträge in den folgenden zwei Jahren nachgeholt werden. Weiterer Spielraum ergibt sich durch die Ausweitung der Frist zur zeitnahen Mittelverwendung auf zwei Jahre.
Entfällt der Grund für die Rücklagenbildung, dann ist die betroffene Rücklage jetzt unverzüglich aufzulösen und die freigewordenen Mittel sind innerhalb der zweijährigen Frist zur zeitnahen Mittelverwendung zu verwenden. Für unzulässig gebildete Rücklagen hat die Finanzverwaltung eine angemessene Frist zu setzen, innerhalb derer die Mittel für die satzungsgemäßen Aufgaben einzusetzen sind. Ansonsten droht der Verlust der Gemeinnützigkeit.
Insgesamt werden ab dem 1. Januar 2014 die Möglichkeiten, Rücklagen und Vermögen zu bilden, deutlich flexibler gestaltet. Dies ist insbesondere mit Blick auf Nachhaltigkeit und Risikovorsorge von Vorteil. Im Gegenzug erhöht sich aber auch die Komplexität der Rücklagenberechnung sowie des Nachweises der zeitnahen Mittelverwendung.
In der Abgabenordnung: Ausstellungsfristen für Zuwendungsbestätigungen
Die bisher in Verwaltungsanweisungen geregelten Fristen zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen wurden in die Abgabenordnung übernommen. Zuwendungsbestätigungen können bei Freistellungsbescheiden wie bisher innerhalb von fünf beziehungsweise bei der Feststellung der Satzungsmäßigkeit innerhalb von drei Jahren nach Erlass des Bescheids ausgestellt werden. Die Fristen sind taggenau zu berechnen.
Bewertung von Sachspenden aus dem Betriebsvermögen
Rückwirkend zum 1. Januar 2013 sind Sachspenden aus einem Betriebsvermögen mit dem Entnahmewert zuzüglich der darauf angefallenen Umsatzsteuer zu bewerten. Die in diesem Jahr bereits ausgestellten Zuwendungsbestätigungen für Sachspenden sollten deshalb dahingehend geprüft werden, ob die Bewertung der Spende dieser Vorgabe entspricht.
Das Ziel wird nur zum Teil erreicht
Das Gemeinnützigkeitsrecht zu entbürokratisieren und so das zivilgesellschaftliche Engagement zu stärken, war die Absicht des Gesetzes. Viele der Änderungen werden diesem Ziel auch gerecht. Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung wurde getan. Indes wurde ein bürokratiearmes und anwenderfreundliches Gemeinnützigkeitsrecht bisher nicht erreicht. Hinzu kommt, dass bereits jetzt für gemeinnützige Organisationen an anderen Stellen - wie der E-Bilanz oder dem zentralen Meldeverfahren für Spenden - für die Zukunft wieder mehr Steuerbürokratie aufgebaut wird. Unnötige Bürokratie sollte jedoch erst gar nicht entstehen. Problematisch sind ferner die Flut von Verwaltungsanweisungen und die sich ständig ändernde Gesetzesauslegung. Gemeinnützige Vereine und Gesellschaften brauchen nicht nur praktikable, sondern auch verlässliche steuerliche Rahmenbedingungen.