Diversity als Innovationstreiber in der Caritas
Unter dem Titel "Diversity als Innovationstreiber in der Caritas" haben sich 120 Teilnehmende an der Caritas-Unternehmenstagung 2018 einem anspruchsvollen und zugleich drängenden Thema gestellt. Was bleibt hängen?
- Diversity ist kein Selbstläufer, aber eine für die Zukunft der Caritas wichtige Grundhaltung.
- Caritas braucht Innovation und muss Soziale Innovationen aktiv mitgestalten und sich auf politischer Ebene einbringen.
- Es ist notwendig, sich bezüglich unbewussten Voreingenommenheiten ("Unconscious Bias") den Spiegel vorzuhalten.
- Die Megatrends (zum Beispiel Digitalisierung, der demographische Wandel oder Geschlechtergerechtigkeit) werden sich auf Struktur und Organisationskultur von Caritas-Unternehmen auswirken. Es gilt den Wandel aktiv zu gestalten und sich nicht davor zu verschließen.
Diversity: eine Gestaltungsaufgabe
Vielfalt ist für Caritas-Unternehmen ein wichtiges Thema der Zukunft - dies machte Hans Jörg Millies, Finanz- und Personalvorstand des Deutschen Caritasverbands, in seinen Begrüßungsworten unmissverständlich deutlich.
Die Förderung von Frauen in Führungspositionen der Caritas und die Gestaltung von Interkulturalität stellen dabei wichtige Handlungsfelder dar. Diversity ist ein Innovationstreiber, benötigt jedoch zugleich innovative Prozesse, um erfolgreich umgesetzt zu werden, wie Dr. Irme Stetter-Karp (Vizepräsidentin und Gender-Beauftragte des DCV) und Prof. Dr. Martina Schraudner (TU Berlin) in ihren Vorträgen zu Beginn der Tagung betonten. Frauen sind nach wie vor auch in der Caritas in Führungspositionen erheblich unterrepräsentiert, obgleich ein Großteil der in der Caritas Beschäftigten weiblich ist.
Vor diesem Hintergrund geisterte spätestens nach Prof. Dr. Schraudners Vortrag der für einige bisher unbekannte Begriff "Unconscious Bias" als Hindernis für Diversity durch die Tagung. Damit gemeint sind unbewusste Voreingenommenheiten, die uns zwar helfen, im Alltag Komplexität zu reduzieren, jedoch zugleich dazu führen, dass wir Stereotype auf Bevölkerungsgruppen anwenden, die nicht zutreffen. Gerade Führungskräfte sollten sich hinsichtlich eines fairen Talentmanagements im eigenen Unternehmen regelmäßig den Spiegel vorhalten (lassen). Der Caritas kommt in dem Zusammenhang die Verantwortung zu, als Arbeitgeberin Vorbild für den Abbau von Stereotypen und Förderung von Geschlechtergerechtigkeit zu sein.
Keine Frage: Diversity ist eine Gestaltungsaufgabe. Rahmenbedingungen für ein Gelingen von Vielfalt müssen gesetzt werden. Harald Langner (DiCV Osnabrück, "Caritas als Arbeitgeberin für Flüchtlinge") und Hans-Georg Liegener (Caritasverband für die Region Krefeld, "Mehr Geschlechtergerechtigkeit in Führungspositionen") konnten dazu erfolgreiche Praxisbeispiele schildern. Sie nannten als Erfolgsfaktoren eine umfassende Situationsanalyse, die sorgfältige Zusammenstellung einer Steuerungsgruppe, die alle Beteiligten einbindet, die Gestaltung eines stabilen und transparenten Netzwerks, den wirklichen Willen, aus der Organisation heraus Dinge zu verändern sowie das Setzen von realistischen Zielen. Vielfalt als Chance und als Gestaltungsaufgabe begreifen - ein Plädoyer der Tagung, das die Teilnehmenden zum "Anpacken" aufforderte und ermunterte.
Innovative Unternehmenskultur: eine Herausforderung für die Caritas
Tag 2 der Tagung war geprägt von den selbstbewussten Statements junger Führungskräfte von Caritas- und externen Sozialunternehmen. Sie diskutierten mit den Teilnehmenden der Tagung, wie eine innovative Unternehmenskultur aussehen könnte. Diese wird durch eine heterogene Organisationszusammensetzung befördert. Dabei stehen die Offenheit von Führungskräften für Vielfalt, eine bessere interne Vernetzung über flachere Hierarchien, eine kontinuierliche Lernbereitschaft, der Mut auch Pilotprojekte anzustoßen und vor allem auch eine konstruktive Konfliktkultur im Vordergrund.
Von Nachwuchsführungskräften wird es als positiv bewertet, wenn sie schnell Verantwortung übertragen bekommen und dabei begleitet werden. Vor diesem Hintergrund sollten Caritas-Unternehmen verstärkt auf Mentoringprogramme setzen, die sich in der Praxis bereits bewährt haben, wie Diskussionspartner(innen) aus dem Publikum bestätigten. Aber auch strukturell fordern die Nachwuchsführungskräfte Veränderungen und wünschen sich Labororte, in denen innovativ gedacht und ausprobiert werden kann. Sie denken dabei zum Beispiel an intersektorale Vernetzungen oder auch Korporationen zwischen Trägern der Altenhilfe und Technologieunternehmen, um den Einsatz von Robotern gemeinsam zu erforschen und auszuprobieren.
Klingt alles gut, aber wie setzen wir es um?
Im Verlauf des Tages konnten die Tagungsteilnehmer(innen) weitere Impulse und Praxisbeispiele sammeln. Über allem standen die Megatrends und der Umgang mit deren Auswirkungen, zu denen auch der zunehmende Fach- und Führungskräftemangel gehört. Dazu boten vor allem die Foren die Möglichkeit, in kleiner Runde die praktische Umsetzung innovativer Konzepte zu diskutieren.
Die Erprobung flexibler Arbeitszeitmodelle oder auch die Gestaltung von Talentmanagementsystemen wurden als Beispiele vorgestellt. Solche Konzepte sind meist auf ein Unternehmen zugeschnitten und stellen somit keine pauschalen Patentrezepte, wohl aber Anknüpfungspunkte dar. Dass es bei der Umsetzung auch mal "ruckeln" kann, gab zum Beispiel Herr Kellermann vom Caritasverband Arnsberg-Sundern zu, der für das Projekt "Vitamin L" verantwortlich ist. Wichtig sind jedoch der grundsätzliche Wille für den internen Entwicklungsprozess sowie der Umgang mit diesem "Ruckeln".
"Vielfalt ist ein Fakt. Inklusion eine Wahl." @janinakugel über #Vielfalt in der @Siemens AG, CD-Käufe und Monokulturen - klare Botschaften zu einem komplexen Thema im Endspurt der Caritas-Unternehmenstagung in Fulda! #cariversity @Chefsache pic.twitter.com/q79hQKiBOo
— Caritas Deutschland auf Twitter (@Caritas_web) am 2. März 2018
Ein beeindruckendes Praxisbeispiel aus der freien Wirtschaft trug Janina Kugel (Mitglied des Vorstands der Siemens AG) zum Abschluss der Tagung vor. In Zeiten immer kürzerer Innovationszyklen ist es erforderlich, das Potential aller Mitarbeitenden zu entfalten und Diversity tatsächlich zu leben. Stärke ergibt sich nicht aus Ähnlichkeit, sondern aus Verschiedenheit. Mit dieser Überzeugung ist eine Unternehmenskultur verbunden, die es jedem und jeder Einzelnen ermöglichen soll, seine oder ihre Potentiale auszuschöpfen. Ein horizontaler Führungsstil, der kontinuierliche und transparente Dialog mit den Mitarbeitenden sowie das bewusste Setzen von Zeichen, zum Beispiel durch die Teilnahme am Christopher Street Day, sind Erfolgsfaktoren für Siemens.
Am Ende der Tagung blieben die inspirierenden Eindrücke der vielen Beispiele und von den Informationsständen des Marktplatzes der Innovationen, aber auch die große Herausforderung, die bevorstehenden Aufgaben zu bewältigen. Nicht nur Frau Kugel riet dabei, zunächst wenige, konkrete Themen auszuwählen und diese anzugehen. "Mutig Dinge anpacken", könnte somit das ermunternde Fazit der Caritas-Unternehmenstagung 2018 sein.