Jetzt die Weichen stellen
Von Kurt Lewin stammt das Modell "Auftauen - ändern - festigen", mit dem er soziale Veränderungsprozesse in einer Gesellschaft beschreibt. Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) führt in diesen Wochen zum langsamen Auftauen des Systems der Behindertenhilfe und der Sozialpsychiatrie. Noch gelten viele der alten Regelungen, so dass sich im Alltag in vielen Einrichtungen der Behindertenhilfe und Psychiatrie bislang kaum etwas geändert hat. Doch auch wenn man vor Ort vielleicht nur erste Vorzeichen merkt: Die Umsetzung des BTHG hat begonnen, und es werden gerade jetzt sowohl auf Landes-, aber auch noch auf Bundesebene entscheidende Weichen gestellt.
Von großer Bedeutung ist es, die Zuständigkeit zu bestimmen für die Leistungen der Eingliederungshilfe sowie die Erarbeitung von Bundesempfehlungen für die Rahmenvereinbarungen der Eingliederungshilfe. Vermutlich noch bedeutsamer für die Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe zu einem inklusiven Teilhabesystem sind die Empfehlungen zur vorgesehenen Zusammenarbeit zwischen Pflegekassen und Eingliederungshilfeträgern und die geplanten Richtlinien zur Bestimmung, welche Wohn- und Betreuungsformen künftig im Sinn der Pflegeversicherung als vollstationäre Einrichtungen gelten sollen. Davon wird es abhängen, ob die Unterstützungsleistungen in kleinen Wohnformen, in denen nur wenige Menschen mit Behinderung zusammenwohnen, künftig noch ausreichend finanziert sind. Eine Entwicklung zu einem Wohnen von Menschen mit Behinderung nach eigener Entscheidung, wo und mit wem, ist davon abhängig, dass diese Richtlinien im Sinne der Behindertenrechtskonvention und nicht im Sinne der maximalen Kostenersparnis der Pflegeversicherung vereinbart werden.
Behindertenrechtskonvention als Orientierung
Die Caritas als Spitzenverband muss sich in allen Fragen der Umsetzung des BTHG und auch des Pflegestärkungsgesetzes III kompetent und nachdrücklich für gute Rahmenbedingungen für die inklusive Weiterentwicklung der Behindertenhilfe einsetzen. Auch auf der Ebene der Länder sind die Vertreterinnen und Vertreter der Caritas, die an den Beratungen und Verhandlungen beteiligt sind, jetzt massiv gefordert. Die Behindertenrechtskonvention muss für die Verhandlungen immer der Orientierungspunkt sein, verbunden mit der Frage der ganz praktischen Auswirkungen von Rahmenvorgaben auf die Situation von Menschen mit Behinderung vor Ort. Die Mitglieder des CBP legen den Caritasverbänden dringend ans Herz, bei den Beratungen die Praxiskompetenz des CBP mit einzubinden.